Berufsbild
Als zu Beginn der Neuzeit, in der Mitte des nun zu Ende gehenden Jahrtausends, die Komplexität der meschlichen Tätigkeiten und Berufsbilder rasant zunahm, gab es in Italien an Fürstenhöfen und in Künstlerkreisen Gruppen, die den “universellen Menschen” forderten und auch verwirklichten. Namen wie die der Medici, Gonzaga, Orsini, …, aber auch Michelangelo, Leonardo, Ammanati, Giambologna, u.v.a. stehen für diese Bewegung.
Heute, wo die Entwicklung der Moderne in eine kritische, um nicht zu sagen Endphase, an die “Grenzen ihres Wachstums” gelangt, bildet die Rückbesinnung auf die Ganzheitlichkeit des Lebens eine bedeutende Chance für die Menschheit. Dies wird anhand des weltweiten Zusammenbruchs der Ökosysteme ebenso sichtbar, wie an dem physio – psychologischen Elend der Individuen in den modernen Massengesellschaften.
Hier sehe ich die Aufgabe des Künstlers, der sich nicht in eine nur handwerkliche oder kunstgeschichtliche Ecke drängen lassen darf. Er darf nicht zum willigen Werkzeug des Marktes und dessen Managements werden, für den es außer dem Umsatz und dem damit verbundenen Profit keine gültige Größe mehr gibt. Umsatz und Profit brauchen Spezialisierung, die wohlklingender auch gerne “Entflechtung” genannt wird. Ein Problem, das mit diesem eng verbunden ist, stellt die Aufsplitterung und ungeheure Beschleunigung der Zeit dar.
Mein Ansatz ist es, dieser Aufsplitterung des Lebens im Gefüge meiner Tätigkeiten entgegenzuwirken: Ganzheitlichkeit im Beschreiten des Lebensweges, die Tätigkeiten des Architekten, Malers, Bildhauers, Geisteswissenschaftlers zu verknüpfen und so den Bogen des Lebens wenn nicht zu erhalten, womöglich doch neu zu spannen. Das Miteinander von Mensch und Mensch, und Mensch und Natur ist für mich die Grundlage unseres gesellschaftlichen Seins. Deshalb ist es für mich kein Unterschied, ob ich eine Brosche, eine große Skulptur, ein Gebäude oder eine Landschaft forme. Und nur aus dieser Verknüpfung der Dimensionen, Formen, Techniken und geistig-körperlichen Wesenheiten kann ein einheitliches Ganzes entstehen, welches das Leben lebenswert erhält.
Eschelberg, im Oktober 1999